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Infoblatt Öresundregion


Wirtschaftsregion Öresund mit den Zentren Kopenhagen und Malmö



Öresundregion - eine europäische Nahtstelle (Klett)


Einleitung

Der Öresund ist eine etwa 105 km lange Meerenge zwischen der dänischen Insel Seeland und der schwedischen Region Schonen (Skåne) und bildet die Verbindung von Kattegat im Norden und Ostsee im Süden. An seiner schmalsten Stelle zwischen dem dänischen Helsingör und dem schwedischen Helsingborg ist er weniger als vier Kilometer breit.
Die beiden größten Städte am Öresund sind die dänische Hauptstadt Kopenhagen (1,93 Millionen Einwohner in der Stadtregion) sowie die drittgrößte Stadt Schwedens, Malmö (300.000 Einwohner; 660.000 in der Stadtregion). Malmö ist wirtschaftliches Zentrum des südlichen Schwedens und Verwaltungssitz Schonens mit überdurchschnittlichen Wachstumsraten, vor allem nach Fertigstellung der Öresundquerung. In der Öresundregion leben mit rund 3,8 Millionen Menschen etwa zehn Prozent der Gesamtbevölkerung Nordeuropas – die meisten davon auf dänischer Seite. Nach St. Petersburg ist es zudem die größte Agglomeration im Ostseeraum.


Geschichte

Das heute schwedische Schonen – östlicher Teil der Öresundregion – gehörte lange Zeit zum dänischen Königreich. So war Malmö im 15. Jahrhundert die zweitgrößte Stadt Dänemarks. Das 16. und 17. Jahrhundert sind geprägt vom Ringen der beiden Großmächte um die Vorherrschaft im Ostseeraum. Mit dem Ende der Kalmarer Union 1523 wurde Dänemark Schritt für Schritt von Schweden zurückgedrängt. 1658 fiel Schonen nebst Bohuslän und Blekinge im Friedensvertrag von Roskilde an Schweden. Kulturgeographisch erinnert dort heute noch vieles an die dänische Herrschaft (z. B. Hofformen).
In den folgenden Jahrhunderten war der Öresund deutliche Trennlinie zwischen beiden Ländern, wachsender Nationalismus auf beiden Seiten stand einer engeren Verbindung und Kooperation entgegen. Das Ende der dänischen Herrschaft brachte das Ende der wirtschaftlichen Blütezeit Malmös, erst Ende des 18. Jahrhunderts setzte ein neuer Aufschwung im Süden Schwedens ein. Mit der Mitte des 19. Jahrhunderts beginnenden Industrialisierung entwickelte sich die Stadt zu einem Zentrum der Schiffbau- und Textilindustrie. Anfang des 20. Jahrhunderts verdoppelte sich die Bevölkerungszahl Malmös innerhalb von nur zwei Jahrzehnten. Der Strukturwandel ab den 1970ern brachte den Verlust vieler Arbeitsplätze, innerhalb weniger Jahre wurde die Werftindustrie komplett abgewickelt. Im Kontext mit der Gesamtentwicklung der Öresundregion befindet sich Malmö derzeit in einer Umbruch- und Übergangsphase, verbunden mit Rationalisierungsprozessen und deutlichen Veränderungen im Stadtzentrum und Hafengebiet.
Auch Kopenhagen mangelte es gegen Ende des 20. Jahrhunderts an wirtschaftlicher Dynamik, was in beträchtlicher Stadtflucht und leeren Stadtkassen seinen Ausdruck fand. Somit waren Politiker, Unternehmer und die breite Öffentlichkeit auf beiden Seiten leicht für die Vision einer grenzüberschreitenden Öresundregion zu begeistern. Das Zusammenwachsen der bisher getrennten Stadtregionen Groß-Kopenhagen und Malmö-Lund zu einer funktionierenden Metropole erzeugt möglicherweise einen wirtschaftlichen Schub, der beispielhaft für die europäische Integration sein kann.


Wirtschaft

Bereits jetzt ist die Region entlang einer der meist befahrenen Meerengen der Welt ein wirtschaftliches Schwergewicht in Nordeuropa: Ein Viertel des vereinten Bruttosozialproduktes beider Staaten wird hier erwirtschaftet, woraus auch eines der weltweit höchsten Pro-Kopf-Einkommen resultiert.
Ca. 12.000 Firmen der Informationstechnologie haben sich angesiedelt, zudem bildet die Region unter dem Namen "Medicon Valley" den skandinavischen Forschungsschwerpunkt der Pharmaindustrie. Rund 40.000 Menschen arbeiten hier in der Medizin- und Biotechnologie. Weitere wichtige Branchen sind Umwelttechnologie, Design und Logistik. Viele Firmen finden in Forschungs- und Technologieparks (z. B. IDEON in Lund) ideale Standortbedingungen mit einer charakteristischen Nähe zu Bildungseinrichtungen.
Besonders setzt man hier auf den Bereich F+E (Forschung und Entwicklung): Unter dem Namen Öresund University haben 14 (ab 2011 acht) Universitäten und Hochschulen in der Region mit 165.000 Studenten und über 10.000 Wissenschaftlern bereits 1997 eine grenzübergreifende Zusammenarbeit eingeleitet. Nach Meinung der Befürworter einer verstärkten Integration könnten in den nächsten Jahren über 100.000 neue Arbeitsplätze am Öresund geschaffen werden. Die Zukunft wird zeigen müssen, ob es sich dabei um bloße Euphorie handelt oder ob es wirklich gelingt, den Öresund zu einer führenden europäischen Wirtschaftsregion zu machen.
Die Kooperationsprojekte am Öresund entsprechen dem Leitbild "Europa der Regionen" und werden von der Europäischen Union unterstützt. Das Zusammenwachsen der Regionen bewirkt auch, dass immer mehr Menschen ihren Wohnsitz in das jeweilige Nachbarland verlegen; vor allem Dänen zieht es etwa wegen der besseren Kinderbetreuung und niedrigerer Mieten nach Südschweden. Umgekehrt pendeln viele Schweden nach Kopenhagen zur Arbeit, die Löhne dort sind höher. Die Region konkurriert heute vor allem mit Stockholm um Investitionen nationaler und internationaler Unternehmen, aber auch Hamburg oder Berlin als norddeutsche Wirtschaftszentren müssen sich gegen die aufstrebende Öresundregion behaupten.


Infrastruktur

Die seit 2000 bestehende feste Verbindung über den Öresund verbesserte nicht nur die Anbindung der nordeuropäischen Wirtschaftsräume an das zentrale Europa, sondern ermöglichte auch ein weiteres Zusammenwachsen der Öresundregion. Bei der Streckenführung entschied man sich nicht für die kürzeste Verbindung, sondern wählte die regional-ökonomisch wirkungsvollste Variante: Die beiden wirtschaftlichen Zentren der Region, Kopenhagen und Malmö, wurden direkt miteinander verbunden.
Der Kopenhagener Flughafen Kastrup ist mit über 19 Mio. Passagieren jährlich einer der größten Flughäfen Europas und wichtigstes Drehkreuz im nordeuropäischen Flugverkehr. Sturup im Osten Malmös entwickelte sich zu einem erfolgreichen internationalen Frachtflughafen. Die Region verfügt zudem über ein dichtes und modernes Schienen- und Straßennetz sowie gemeinsam verwaltete Häfen. Die Infrastruktur der Region zählt somit sicherlich zu den Besten Europas.


Entwicklungsschwerpunkt Örestad

Zwischen der Kopenhagener Innenstadt und dem internationalen Flughafen Kastrup entsteht derzeit ein neuer Stadtteil – Örestad. Aufgrund der zentralen Lage in der Öresundregion mit erstklassigen Verkehrsverbindungen soll hier ein zukunftsfähiger Wirtschaftsstandort von internationaler Bedeutung entstehen. Auf dem etwa 310 ha großen Gelände sollen später einmal 60.000 Menschen arbeiten, weitere 20.000 werden in der 2002 fertig gestellten Hochschule studieren. 20.000 Einwohner sollen den Stadtteil mit Leben füllen. Die Konzeption sieht eine Entwicklung des neuen Stadtteiles über die nächsten 20 - 30 Jahre vor.


Quelle: Geographie Infothek
Autor: Sebastian Siebert
Verlag: Klett
Ort: Leipzig
Quellendatum: 2005
Seite: www.klett.de
Bearbeitungsdatum: 26.05.2012
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